Dienstag, 17. April 2018

Gewiss wahr.


So ist es, ich weiss es unmittelbar. Aber ich habe mit der Speculation mich einmal eingelassen; die Zweifel, welche sie in mir erregt hat, werden insgeheim fortdauern, und mich beunruhigen. Nachdem ich nun in diese Lage mich gesetzt habe, kann ich keine vollkommene Befriedigung erhalten, ehe nicht alles, was ich annehme, selbst vor dem Richterstuhle der Speculation gerechtfertigt ist. Ich habe mich sonach zu fragen: wie wird es so? Woher entsteht jene Stimme in meinem Innern, welche mich aus der Vorstellung herausweist?
 

Es ist in mir ein Trieb zu absoluter, unabhängiger Selbstthätigkeit. Nichts ist mir unausstehlicher, als nur an einem anderen, für ein anderes, und durch ein anderes zu seyn: ich will für und durch mich selbst etwas seyn und werden. Diesen Trieb fühle ich, sowie ich nur mich selbst wahrnehme; er ist unzertrennlich vereinigt mit dem Bewusstseyn meiner selbst.
 

Ich mache mir das Gefühl desselben durch das Denken deutlich, und setze gleichsam dem an sich blinden Triebe Augen ein, durch den Begriff. Ich soll, zufolge dieses Triebes, / als ein schlechthin selbstständiges Wesen handeln; so fasse und übersetze ich jenen Trieb. Ich soll selbstständig seyn. – 

Wer bin Ich? Subject und Object in Einem, das allgegenwärtig Bewusstseyende und Bewusste, Anschauende und Angeschaute, Denkende und Gedachte zugleich. Als beides soll ich durch mich selbst seyn, was ich bin, schlechthin durch mich selbst Begriffe entwerfen, schlechthin durch mich selbst einen ausser dem Begriffe liegenden Zustand hervorbringen. Aber wie ist das letztere möglich? Schlechthin an Nichts kann ich kein Seyn anknüpfen; aus Nichts wird nimmer Etwas; mein objectives Denken ist nothwendig vermittelnd. Ein Seyn aber, das an ein anderes Seyn angeknüpft wird, wird eben dadurch durch dieses andere Seyn begründet, und ist kein erstes ursprüngliches und die Reihe anhebendes, sondern ein abgeleitetes Seyn. Anknüpfen muss ich; an ein Seyn kann ich nicht anknüpfen.
 

Nun aber ist mein Denken und Entwerfen eines Zweckbegriffes seiner Natur nach absolut frei – und etwas aus dem Nichts hervorbringend. An ein solches Denken müsste ich mein Handeln anknüpfen, wenn es als frei und als schlechthin aus mir selbst hervorgehend soll betrachtet werden können.
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Die Bestimmung des Menschen,  SW II, S. 249f.








 


Nota.
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